Terror-Vorwurf: Deutscher in Russland festgenommen – DW – 20.11.2024

Russlands Inlandsgeheimdienst FSB hat nach eigenen Angaben in Kaliningrad einen deutschen Staatsbürger unter dem Vorwurf des Terrorismus festgenommen. Es handele sich um einen 1967 geborenen Mann aus Hamburg, heißt es in Medienberichten aus Russland. Nikolai G. sei im März an einer Explosion an einer Gasverteilerstation in der Region Kaliningrad beteiligt gewesen, so der FSB.

Sprengstoff im Gepäck?

Nikolai G. sei, von Polen kommend, erneut in die Exklave Kaliningrad eingereist, um weitere “Sabotageakte an der örtlichen Energieinfrastruktur zu organisieren”. Dabei sei er an einem Grenzposten gefasst und daraufhin in Untersuchungshaft genommen worden.

Bei der Kontrolle seines Autos soll Flüssigsprengstoff sichergestellt worden sein – angeblich versteckt in einer Shampoo-Flasche. Das explosive Material und den Auftrag zu einem Anschlag habe G. von einem Ukrainer erhalten, der ebenfalls in Hamburg lebe und 1967 geboren sei, meldeten russische Nachrichtenagenturen. 

Unabhängige Bestätigungen für die Angaben liegen nicht vor. Das Auswärtige Amt in Berlin teilte mit, der Fall sei ihm bekannt. “Unser Generalkonsulat in St. Petersburg steht mit den russischen Behörden in Kontakt und hat konsularische Betreuung angeboten.”

Infografik Karte Kaliningrad DE
Kaliningrad ist eine russische Exklave, die an der Ostsee zwischen Polen und Litauen liegt

Vor allem seit Beginn des Ukraine-Krieges im Februar 2022 werden in Russland immer wieder Ausländer aus mehr oder weniger stichhaltigen Gründen festgesetzt. Oft wirkt es so, als sollten sie als Faustpfand für einen möglichen Gefangenen-Austausch dienen. Anfang August hatten Russland und westliche Staaten den größten Austausch seit Jahrzehnten vorgenommen. Dabei kam auch ein Mann aus Hamburg frei, der mit Hasch-Gummibärchen am St. Petersburger Flughafen festgenommen worden war.

wa/AR (dpa, rtr, afp)

USA werden Ukraine Antipersonenminen zur Verfügung stellen – DW – 20.11.2024

Es handele sich um Schützenminen, die mit einer Selbstzerstörungs- oder Deaktivierungsvorrichtung ausgerüstet seien, sagte ein US-Beamter der Nachrichtenagentur AFP. US-Präsident Joe Biden sei damit von seiner bisherigen Position abgerückt, um der Ukraine im Kampf gegen das russische Militär zu helfen, berichtete die Zeitung “Washington Post” unter Berufung auf ranghohe Vertreter der US-Regierung.

Grund für den Kurswechsel im Weißen Haus sei das stetige Vorrücken russischer Truppen im Donbass. Die Lieferung dieser Minen sei nach Ansicht des US-Verteidigungsministeriums ein wirksames Mittel, um das Vordingen der russischen Einheiten zu verlangsamen. Der Einsatz dieser Schützenminen, auch als Antipersonenminen bekannt, werde auf die Ostukraine beschränkt. Das russische Militär hat am Rande der besetzten Gebiete in der Ukraine selbst dichte Minenfelder ausgelegt und damit eine ukrainische Offensive zum Scheitern gebracht. 

Der Einsatz von Minen ist international geächtet. Die 1999 in Kraft getretene sogenannte Ottawa-Konvention von 1999 verbietet Einsatz, Produktion und Weitergabe dieser heimtückischen Waffen, die auch lange Zeit nach Kampfhandlungen Menschen schwer verletzen oder töten vor allem in der Zivilbevölkerung einer verminten Region. Die Konvention wurde von 164 Staaten unterzeichnet und ratifiziert, nicht jedoch von Russland und den USA. Die Ukraine hat das Papier 2005 anerkannt.

Erst am Sonntag hatte die US-Regierung bereits erlaubt, die von Washington gelieferten Waffen mit größerer Reichweite auch gegen militärische Ziele im russischen Landesinneren einzusetzen. Die Regierung in Kyjiw hatte seit Monaten grünes Licht für solche Einsätze gefordert.

Selenskyj lässt aufhorchen

Derweil ließ der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mit einer Äußerung zur Zukunft seines Landes aufhorchen. Bei der Vorstellung eines Widerstandsplans gegen die russische Invasion deutete er die Möglichkeit einer zeitweiligen russischen Kontrolle über ukrainische Gebiete an. “Vielleicht muss die Ukraine jemanden in Moskau über

Depression in der Liebe: Herausforderung für die Beziehung – DW – 20.11.2024

Die Depression, sagt Stefanie, ist so, als hätte man im Bauch ein schwarzes Loch, das alle Energie aufsaugt. Manchmal fühle es sich auch an wie ein Overall aus Blei. Schon seit ihrer Kindheit wird sie von der Depression begleitet. Wenn sie darüber spricht, hört ihr Verlobter Florian neben ihr aufmerksam zu. Auch er ist in der Beziehung von Stefanies Depression betroffen und musste erst lernen, mit ihrer Krankheit umzugehen.

Sie sitzen an diesem Tag zusammen auf dem Balkon der Wohnung in Darmstadt, in der sie nun schon seit einiger Zeit

Der Nagelsmann-Faktor: DFB-Team zurück in der Erfolgsspur – DW – 19.11.2024

Als Bundestrainer Julian Nagelsmann nach rund einer Stunde Florian Wirtz, Jamal Musiala und Kai Havertz einwechselte, war klar, dass der 37-Jährige auch dieses letzte Spiel gegen Ungarn gewinnen wollte.

Obwohl seine Mannschaft durch ein Tor von Felix Nmecha bis kurz vor Schluss in Führung lag, verpasste das DFB-Team den elften Sieg in diesem Jahr – das Spiel gegen Ungarn endete 1:1-Unentschieden. Dennoch hat die Elf von Nagelsmann in diesem Jahr mehr Spiele gewonnen als in den vergangenen zwei Jahren zusammen (10 Siege 2024, 3 Siege 2023 und 4 Siege 2022).

Nachdem sich die Nationalmannschaft im vergangenen Spiel gegen Bosnien-Herzegowina bereits den Gruppensieg in der Nations League sichern konnte, nutzte der Bundestrainer die letzte Partie des Jahres, um der zweiten Reihe eine Chance zu geben.

Fußball: Nations League A | Ungarn - Deutschland | Alexander Nübel pariert Schuss
Beim letzten Spiel in diesem Jahr ist Torwart Alexander Nübel mit guten Paraden zur StelleBild: Christian Charisius/dpa/picture alliance

Doch außer Torwart Alexander Nübel, der einige Mal stark parieren konnte, agierte das DFB-Team über weite Strecken ideen- und mutlos. Ganz im Gegensatz zu den vergangenen Monaten fehlte es Nagelsmanns Team an der letzten Durchschlagskraft.

Nagelsmann: “Jetzt sind alle da”

Dennoch darf dieses Spiel nicht über die beeindruckende Entwicklung der Nationalmannschaft in diesem Jahr hinwegtäuschen. Der Bundestrainer hat das Bild der DFB-Elf nachhaltig verändert und vor allem den Zusammenhalt des Teams gestärkt.

“Wenn ich jetzt ein Jahr zurück denke – das ist sehr hypothetisch – aber glaube ich, dass einige Spieler angerufen und gesagt hätten: ‘Ich habe ein paar Probleme und ich komme nicht. Ich brauche meine Kraft für den Verein.’ Aber jetzt sind trotzdem alle da.”

Fussball | Julian Nagelsmann beim Abschlusstraining der deutschen Nationalmannschaft
Julian Nagelsmann hat die Stimmung in der Nationalmannschaft nachhaltig positiv verändertBild: Marvin Ibo Güngör/GES/picture alliance

So wie Jonathan Tah, der beim Spiel gegen Bosnien-Herzegowina seine zweite Gelbe Karte in der Nations League bekommen hatte und somit gegen Ungarn gesperrt war. Der Leverkusener reiste aber nicht ab, sondern blieb bei der Mannschaft. “Es gehört zu einem gut funktionierenden Teamgeist dazu. Es ist gut, dass er dabei ist und ein gutes Zeichen”, freute sich Nagelsmann.

Nagelsmann: “Ich habe gewisse Prinzipien”

Mit 37 Jahren hat Nagelsmann bereits viel Erfahrungen im Trainergeschäft sammeln können. Der Job des Bundestrainers ist seine vierte Station als Chef an der Seitenlinie. Schon 2016 wurde der damals 28-Jährige Cheftrainer der TSG Hoffenheim und damit der jüngste Coach in der Geschichte der Bundesliga. Es folgten Engagements in Leipzig und schließlich bei seinem Herzensverein FC Bayern München, mit dem Nagelsmann in der Saison 2021/22 Deutscher Meister wurde.

Bei alle seinen Vereinen zeichnete sich der Trainer durch eine klare Spielidee aus, von der er nur selten abweicht. Er wolle durch “Spielkontrolle durch hohe Balleroberung und Tempowechsel im Ballbesitz” die Gegner kontrollieren. “Ich habe gewisse Prinzipien, da gehe ich im Grunde keine Kompromisse ein. Die gelten immer, ganz egal, wie es steht, wer der Gegner ist oder wer spielt”, sagte Nagelsmann in einem Interview mit der UEFA.

Nagelsmann leitet Wende ein

Der junge Trainer gilt als fußballverrückt im positiven Sinne. Ein echter Fußball-Nerd, der seiner Mannschaft stets seinen Stempel, also seine Spielphilosophie, aufdrücken möchte. Entsprechend startete er – als er im September 2023 Hansi Flick als Bundestrainer beerbte – hochmotiviert und mit vielen eigenen Ideen.

Fussball-Länderspiel | Deutschland - Türkei
Gegen die Türkei verliert das DFB-Team – die Stimmung danach ist am BodenBild: Robert Michael/dpa/picture alliance

Doch die ersten Länderspiele verliefen wenig erfolgreich: ein Sieg, ein Unentschieden und zwei schmerzhafte Niederlagen gegen die Türkei und Österreich. Nagelsmann geriet auf der Suche nach seiner Erfolgsformel bereits früh ins Stocken. Taktische und personelle Entscheidungen, wie die, Offensivspieler Kai Havertz gegen die Türkei auf der linken Verteidigerposition auszuprobieren, waren gescheitert und sorgten für Unmut im Umfeld der Nationalelf. Die Stimmung war am Tiefpunkt angelangt und so wurde die Nationalmannschaft nach der Pleite gegen Österreich im November vergangenen Jahres mit lauten Pfiffen in die Winterpause verabschiedet.

Nagelsmanns Rollenspiele gehen auf

Im März 2024 folgte dann aber der Wendepunkt. Bei der Kader-Bekanntgabe vor den ersten Länderspielen im März überraschte Nagelsmann mit sechs Neulingen im DFB-Team. Bayerns Youngstar Aleksandar Pavlović, Maximilian Beier aus Hoffenheim, Deniz Undav, Maximilian Mittelstädt, Waldemar Anton vom VfB Stuttgart sowie der Heidenheimer Freistoßkünstler Jan-Niklas Beste waren neu dabei.

Etablierte Stars wie die Dortmunder Mats Hummels, Nico Schlotterbeck, Julian Brandt, Niklas Süle oder auch Karim Adeyemi mussten genauso zu Hause bleiben wie Leon Goretzka aus München.

Nations League A Freiburg 2024 | Sandro Wagner, Benjamin Glück und Julian Nagelsmann nach SiegFußball: Nations League A | Deutschland - Bosnien-Herzegowina | Sandro Wagner, Benjamin Glück und Julian Nagelsmann nach Sieg
Bundestrainer Julian Nagelsmann (r.) mit seinen Assistenten Sandro Wagner (l.) und Benjamin GlückBild: Christian Charisius/dpa/picture alliance

Der drastische Kurswechsel brachte frischen Wind ins DFB-Team und leitete einen Stimmungswandel ein. “Es war klar, dass die größte Schraube ist, den Kader so zu verändern, dass wir nicht die besten Spieler nominieren, sondern die, die zusammenpassen, bei denen wir das Gefühl haben, sie definieren sich über ihre Rolle und können gut damit umgehen”, erklärte Nagelsmann.

Toni Kroos zurück im DFB-Team

Zugunsten der funktionierenden Teamchemie verzichtet der Bundestrainer auch mal auf Qualität. Zudem hat er seine Spielidee ein wenig vereinfacht und der Situation angepasst. Denn die Zeit bis zur Weltmeisterschaft 2026 sei sehr knapp um neue Dinge auszuprobieren und einzustudieren, betont der 37-Jährige in regelmäßigen Abständen.

Kurz vor der Heim-EM im Sommer gelang Nagelsmann dann der entscheidende Coup: Er holte Weltmeister Toni Kroos, der 2021 seinen Rücktritt aus der DFB-Elf erklärt hatte, zurück in die Nationalmannschaft. Unter Kroos’ Regie spielte Deutschland eine gute Europameisterschaft und brachte vor allem die Fans wieder hinter sich.

Kimmich: “Jeder hat seine Rolle mit

ATACMS-Raketen gegen Russland: Was die Ukraine erwartet – DW – 19.11.2024

In der Nacht zum 19. November soll die Ukraine amerikanische ATACMS-Raketen (Army Tactical Missile System) eingesetzt haben, um ein Munitionsdepot in der russischen Region Brjansk zu treffen. Brjansk ist eine Grenzregion Russlands, die sowohl an die Ukraine als auch an die Region Kursk grenzt, die teilweise unter ukrainischer Kontrolle steht. Kyjiw hatte von den USA seit Monaten grünes Licht für den Einsatz dieser Raketen mit einer Reichweite von 300 Kilometern gegen Ziele im Hinterland der Russischen Föderation gefordert.

Die Forderung ist auch Teil des Siegesplans, den Wolodymyr Selenskyj im Oktober in den USA und anderen Ländern vorgestellt hatte. Auf die Meldungen über die Aufhebung der Beschränkungen reagierten die Bürger und auch die ukrainische Führung allerdings vorerst noch verhalten.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zu Besuch bei US-Präsident Joe Biden in Washington, D.C
“Die Raketen werden für sich selbst sprechen”: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zu Besuch bei US-Präsident Joe Biden in Washington, D.C Bild: SvenSimon-ThePresidentialOfficeUkraine/picture alliance

Erst am 17. November hatten westliche Medien unter Berufung auf informierte Quellen berichtet, die Administration des US-Präsidenten Joe Biden habe das Verbot aufgehoben, mit amerikanischen Waffen Ziele in Russland anzugreifen. Später meldete das Nachrichtenportal Axios, die Entscheidung der USA beziehe sich ausschließlich auf die russische Region Kursk, wo inzwischen Soldaten aus Nordkorea stationiert sind. Präsident Selenskyj zeigte sich irritiert über diese Berichte. “Solche Dinge kündigt man nicht an. Die Raketen werden für sich selbst sprechen”, erklärte er.

“Der Tag, an dem die Eskalation begann”

Die Reaktionen auf die Aufhebung der Beschränkungen fallen in sozialen Netzwerken höchst unterschiedlich aus. Einige bezeichnen die Entscheidung der USA als verspätet und einseitig, aber als lang erwartet und notwendig.

Viele äußern sich jedoch verärgert darüber, dass die Aufhebung der Beschränkungen bekannt geworden ist, noch bevor die Ukraine militärische Ziele in Russland angreifen konnte. Einige vermerkten den 17. November in ihrem Kalender als “Tag, an dem die Eskalation begann”.

Ukrainische Experten wiederum weisen darauf hin, dass die Aufhebung von Beschränkungen beim Einsatz von ATACMS-Raketen eine gewisse Gleichstellung der Ukraine im Krieg bedeutet. Dies meint auch der Leiter des Ukrainischen Zentrums für Sicherheit und Zusammenarbeit, der Militärexperte Serhij Kusan. “Waffen mit längerer Reichweite bedeuten Parität, weil die Russen die Ukrainer in einer Tiefe von 1600 bis 2500 Kilometern angreifen können, weshalb sie über gleiche Fähigkeiten verfügen sollten”, so Kusan gegenüber der DW.

Der Experte findet, dass die Entscheidung der USA bezüglich des Einsatzes von ATAMCS-Raketen zwar etwas zu spät komme, aber trotzdem wichtig sei. Kusan ist sich sicher, dass die Angriffsfähigkeit der Ukraine damit erheblich gestärkt wird, was sich in Zukunft auf die Lage an der Front auswirken wird – vor allem bei der Abwehr von Angriffen der russisch-nordkoreanischen Kräfte in der Region Kursk.

“Warum nicht die gleichen Möglichkeiten für Kyjiw?” 

“Es ist klar, dass die Russen die ukrainische Kontrolle über Teile der russischen Region Kursk so schnell wie möglich beseitigen wollen. Deshalb hat die US-Regierung die Beschränkungen für die Ukraine aufgehoben und sich auf das Einsatzgebiet in der Region Kursk konzentriert. Man muss aber auch beachten, wie viele ATACMS-Raketen die Ukraine hat, was nicht weniger wichtig ist, um Ziele in Russland effektiv zu treffen”, betont Kusan.

Bradley-Kommandant "Kach" nach Kampf in der Region Kursk
“Manövrierfähigkeit des Feindes erschweren”: Kämpfe in der Region Kursk Bild: DW

“Die Russen eskalieren, holen nordkoreanische Truppen hinzu und haben so zusätzliche Reserven für den Frontabschnitt bei Pokrowsk und Kurachowe freigesetzt. Warum sollte Kyjiw entlang der ganzen Front nicht die gleichen Möglichkeiten erhalten?”, fragt der Experte.

Kostiantyn Maschowez, Militärexperte vom nichtstaatlichen Projekt “Gruppe ‘Informations-Widerstand'” meint, ein Einsatz von ATACMS-Raketen könne den ukrainischen Streitkräften ermöglichen, wirksame Angriffe im russischen Hinterland durchzuführen, wo sich Logistikkräfte und Kommandostellen befinden. “Das kann die Manövrierfähigkeit des Feindes erschweren”, betont er.

Argument bei Verhandlungen?

Oleksandr Krajew vom Analysezentrum “Ukrainian Prism”, das auf Außenpolitik und internationale Sicherheit spezialisiert ist, meint, die Aufhebung der Beschränkung helfe, die Position der Ukraine bei künftigen Verhandlungen zu stärken. “Das kann ein Argument in Gesprächen sein: Die Ukrainer greifen das Territorium der Russischen Föderation nicht mehr an und die Russen verlassen dafür das Territorium der Ukraine”, sagt der Experte der DW. 

Krajew glaubt, dass man auch die nun geltenden Beschränkungen, was die Reichweite von 300 Kilometer angeht, nach und nach lockern könnte und Kyjiw irgendwann bekommen werde, was es wolle. Die Partner der Ukraine wollen erstmal sehen, wie Russland reagiert. Aber die Zeit werde zeigen, ob Russland überhaupt reagiert und ob es zur Eskalation kommt, die der Westen so stark befürchtet. 

Adaptation aus dem Ukrainischen: Markian Ostaptschuk

Anmerkung der Redaktion: Wir haben die Schreibweise der ukrainischen Hauptstadt umgestellt auf “Kyjiw” (statt, wie bisher, “Kiew”). Damit transkribieren wir den Namen korrekt aus der ukrainischen Sprache – so, wie wir auch bei allen anderen ukrainischen Ortsnamen verfahren.

4000 KI-gesteuerte Drohnen für die Ukraine – DW – 19.11.2024

Es ist die Software, die die neue Drohne auszeichnet: Gemeinsam mit einem ukrainischen Hersteller hat die deutsche KI-Firma Helsing eine Kampfdrohne entwickelt, die Berichten zufolge ihre Ziele autonom ansteuern kann. Einmal programmiert, fliegt eine sogenannte Kamikaze-Drohne selbständig zu ihrem Ziel und greift es an. Beim Aufprall auf ihr Ziel detoniert sie und wird dabei zerstört. 

4000 Stück dieser Kampfdrohnen bekommt die Regierung in Kyjiw nun – ausgestattet mit der in Deutschland entwickelten KI. Die technischen Details und den genauen Ort der Produktion hielten beide Seiten aus Sicherheitsgründen geheim. Fotos der Drohne gibt es bislang nicht.

“Die elektronische Abwehr unterlaufen”

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gab lediglich einige allgemeine Informationen zur neuen Kampfdrohne preis: “Das sind Drohnen, die in der Lage sind, 30-40 Kilometer ins Hinterland zu reichen, die Gefechtsstände, Logistik-Knoten und anderes angreifen können.” Die Drohne besitze die Fähigkeit, “auch bei Störung durch die gegnerische elektronische Abwehr diese zu unterlaufen und das Ziel trotzdem zu erreichen”, ergänzte Pistorius. 

Ein ukrainischer Soldat lanciert eine Drohne, an der ein Sprengsatz befestigt ist
Ein ukrainischer Soldat mit einer Drohne, an der ein Sprengsatz befestigt istBild: Oleksandr Ratushniak/REUTERS

Die meisten Drohnen werden über Funk, manche auch über GPS gesteuert. Mithilfe von Störsendern, sogenannten Jammern, können sie von ihrem Kurs abgebracht werden und abstürzen. Drohnen, die die elektronische Abwehr des Gegners überwinden können, stellen deshalb einen großen strategischen Vorteil dar.

Er habe sich den Prototypen der Drohne vor einigen Monaten in der Ukraine angesehen, ergänzte der Bundesverteidigungsminister. Er sei überzeugt davon, dass diese Drohnen “ein echt wichtiges Asset” für die Ukraine seien. Bisher hatte Deutschland im Rahmen seiner Militärhilfe nur Aufklärungsdrohnen an die Ukraine geliefert. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bleibt aber bei seiner Haltung, keine Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine abzugeben, mit denen Ziele weit in russischem Territorium bekämpft werden könnten.   

Drohnen als Ersatz für Artillerie    

Drohnen sind auf dem Gefechtsfeld in der Ukraine omnipräsent. Sowohl Russen als auch Ukrainer setzen sie hunderttausendfach ein. Russland greift immer wieder auch zivile Ziele und Infrastruktur in der Ukraine mit Drohnen an. Den ukrainischen Streitkräften dienen Drohnen auch als Ersatz für fehlende Artillerie-Geschütze und Munition. Sie behelfen sich mit günstigen ferngesteuerten Drohnen, die sie mit Sprengmitteln ausrüsten und gegen russische Stellungen einsetzen.

KI für militärische Zwecke

Helsing ist ein Unternehmen mit Sitz in München, das sich auf die Entwicklung von KI-Anwendungen für den Rüstungssektor spezialisiert hat. Seit seiner Gründung im Jahr 2021 hat das Unternehmen eine Reihe von Aufträgen in der Rüstungsindustrie an Land gezogen. Unter anderem arbeitet Helsing an der elektronischen Kampfführung des deutschen Eurofighters und an der KI-Infrastruktur für das “Future Combat Air System” (FCAS), das Kampfflugzeug der Zukunft.

Pistorius zu Datenkabel-Defekt: Müssen von Sabotage ausgehen – DW – 19.11.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius geht davon aus, dass Kabel zur Datenübertragung in der Ostsee – unter anderem zwischen Deutschland und Finnland – absichtlich beschädigt wurden. “Niemand glaubt, dass diese Kabel aus Versehen durchtrennt worden sind”, sagte Pistorius am Rande eines EU-Verteidigungsministertreffens in Brüssel.

Es müsse davon ausgegangen werden, “ohne konkret zu wissen, von wem es kommt, dass es sich um eine hybride Aktion handelt”, fuhr der Minister fort. “Und wir müssen auch davon ausgehen, ohne es schon zu wissen, versteht sich, dass es sich um Sabotage handelt.”

Außenministerien “zutiefst besorgt”

Der finnische Technologiekonzern Cinia hatte zuvor mitgeteilt, dass aus ungeklärten Gründen ein Unterwasserkabel zwischen Deutschland und Finnland durchtrennt sei. Der Defekt an dem Kabel Cinia C-Lion1 sei am Montag festgestellt worden. Aufgrund der Beschädigung seien die über das Kabel bereitgestellten Kommunikationsverbindungen unterbrochen.

Das finnische Außenministerium und das Auswärtige Amt in Berlin zeigen sich “zutiefst besorgt”. Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte: “Wir nehmen diese hohe Bedrohungslage sehr, sehr ernst.” Zu der Beschädigung des Kabels sei es in schwedischen Gewässern gekommen. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sei im Austausch mit den finnischen Behörden. “Wir sind als Behörden noch nicht beteiligt, haben aber Hilfe angeboten zur Unterstützung”, so Faeser.

Auf diesem von der schwedischen Küstenwache zur Verfügung gestellten Bild ist ein Leck in Nord Stream 2 zu sehen
Das Kabel C-Lion1 verläuft teils über dieselbe Route wie die Nord-Stream-Pipelines – hier ein Foto kurz nach deren Zerstörung 2022Bild: Swedish Coast Guard/AP/dpa/picture alliance

C-Lion1 verläuft auf einer Länge von gut 1170 Kilometern von der finnischen Hauptstadt Helsinki bis nach Rostock in Mecklenburg-Vorpommern, teils über dieselbe Route wie die vor zwei Jahren zerstörten Nord-Stream-Pipelines. Das Kabel ist im Frühjahr 2016 in Betrieb genommen worden und das einzige Untersee-Datenkabel, das direkt von Finnland nach Mitteleuropa führt.

Weiteres Kabel zwischen Schweden und Litauen beschädigt

Der schwedische Minister für Zivilverteidigung, Carl-Oskar Bohlin, teilte unterdessen mit, dass ein zweites Unterwasserkabel in der Ostsee beschädigt worden sei. “Es ist wichtig klarzustellen, dass wir derzeit zwei Kabel in der Ostsee haben, die nicht funktionieren”, betonte Bohlin. Die schwedische Regierung verfolge die Entwicklungen “sehr genau” und steht in Kontakt mit ihren Behörden. Demnach handelt es sich bei dem zweiten beschädigten Kabel um eine Telekommunikationsverbindung zwischen Schweden und Litauen. Auch ein Sprecher des schwedischen Kommunikationsunternehmens Telia bestätigte, dass ein Kabel zwischen Schweden und Litauen beschädigt worden sei. 

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 und den durch Sabotage herbeigeführten Explosionen an den Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee im darauffolgenden September ist die Lage von kritischer Infrastruktur gerade in der Ostsee in den Fokus der Öffentlichkeit und insbesondere der NATO gerückt.

pg/wa (dpa, afp, rtr)

Merkwürdige Schiffsbewegungen: Spionage am Grund der Ostsee?

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Fotostudios unter Druck – DW – 19.11.2024

Von den rund 24.000 niedergelassenen Fotografen und Fotostudios in Deutschland erzielen viele den größten Teil ihres Umsatzes mit dem Erstellen von Passbildern. Schließlich benötigen jedes Jahr zwischen neun und zehn Millionen Bundesbürger neue Personalpapiere und damit verbunden ein aktuelles Passbild. Doch da ab Mai nächsten Jahres die Einwohnermeldeämter nur noch digitale biometrische Fotos für neue Pässe akzeptieren, bangen viele Fotostudios um ihre Existenz.

“Wenn es nur halb so schlimm kommt wie befürchtet, dann wird es richtig schlimm”, befürchtet Christian Hamer, Chef der Fotostudiokette Picture People aus Bochum. Der Branche, so Hamer, drohe ein herber Verlust von Arbeitsplätzen. “Unternehmen, die sich nur auf das Passfotogeschäft konzentriert haben, haben aus meiner Sicht kaum eine Chance”.

Fotostudio Picture People: Passfotos machen bisher einen großen Teil des Geschäfts von Fotostudios aus. Sie müssen sich wahrscheinlich künftig umstellen und anderen Geschäftsfelder aufbauen
Passfotos machen bisher einen großen Teil des Geschäfts von Fotostudios aus. Sie müssen sich wahrscheinlich künftig umstellen und andere Geschäftsfelder aufbauenBild: Picture People

Wettbewerb durch den Staat

Thilo Röhrig, Geschäftsführer der Ringfoto-Gruppe mit Sitz in Fürth, beziffert den jährlichen Umsatz auf dem Passbildermarkt auf gut 100 Millionen Euro. Doch auf diesem Markt, ihrem angestammten Kerngeschäft, bekommen die Fotostudios ab Mai des nächsten Jahres massive staatliche Konkurrenz in Gestalt von digitalen Fototerminals. Dann tritt nämlich das neue Antragsverfahren für das “Gesetz zur Stärkung im Pass-, Ausweis- und ausländerrechtlichen Dokumentenwesens” in Kraft.

Um Manipulationen an Passbildern, das sogenannte Morphing, zu verhindern, sind für neue Ausweise nur noch digital erstellte biometrische Lichtbilder erlaubt. “Gerade bei den Betrieben, die eine hohe Abhängigkeit vom Passfoto haben, ist die Sorge vor einer Insolvenz sehr groß”, sagt Thilo Röhrig. Immerhin machen Passbilder bis zu 50 Prozent der Gewinnmarge von Fotostudios aus. Nun fürchten viele, aus dem angestammten Markt gedrängt zu werden.

Digitale Fototerminals von der Bundesdruckerei

Und zwar von digitalen Fototerminals, die in den kommunalen Meldeämtern aufgestellt werden und an denen die Bürger selbst ihre Passbilder fertigen können. Die Fotos werden dann in eine Cloud hochgeladen und später von den Meldeämtern in den Ausweis eingearbeitet.

Symbolbild | Doppelte Staatsbürgerschaft | Reisepässe Deutschland Serbien
Der Vorteil, wenn das biometrische Foto für den Ausweis direkt an einem Terminal der Bundesdruckerei gemacht wird: Es können zusätzlich gleich Fingerabdrücke und Unterschrift eingespeichert werdenBild: Nemanja Rujevic/DW

8.000 dieser Selbstbedienungsterminals kann die Bundesdruckerei an die bundesweit 5.500 Pass- und Ausweisbehörden liefern. Refinanziert werden die Geräte durch die anfallenden Gebühren für die fälschungssicheren Fotos, die pro Passbild sechs Euro betragen sollen.

Bundesinnenministerium: Sicherheit geht vor

Das zuständige Bundesinnenministerium räumt auf Anfrage ein, dass es für “bestimmte Branchen” Umsatzeinbußen geben werde, doch Vorrang haben Digitalisierungs- und Sicherheitsprozesse. Daher habe im Auftrag des Bundesinnenministeriums die “Bundesdruckerei GmbH allen deutschen Kommunen ein Angebot zur Ausstattung mit einem Terminal gemacht.”

Bei Picture People machen Passfotos nach den Worten von Christian Hamer circa 30 Prozent des Umsatzes aus. “Das sind ungefähr 500.000 Euro.” Durch die Konkurrenz der Selbstbedienungsterminals rechnet Hamer im nächsten Jahr damit, dass dann 15 Prozent vom Umsatz fehlen würden. “In der Summe ist das ein sehr starker Einschnitt.”

Fotostudios | Bewerbungsfotos
Viele Fotostudios machen Bewerbungsfotos und andere Fotoshootings. Passfotos gehören aber zu einer sehr wichtigen EinnahmequelleBild: Frank Hoermann/SvenSimon/picture alliance

Doch der Chef der Fotostudiokette rechnet darüber hinaus mit weiteren Einbußen, “denn viele Passfotokunden interessieren sich auch für die anderen Angebote, die wir haben.” Das Geschäft mit den Passfotos sei eine der wichtigsten Quellen, um neue Kunden zu bekommen. Schon jetzt versucht Christian Hamer für die Filialen, die stark vom Passfoto abhängig sind, neue Auftragsfelder zu erschließen, wie Fotografie im Unternehmensbereich oder Iris-Fotografie. Das sind Nahaufnahmen von der Iris.

Vielen Menschen werden wohl den einfachsten Weg gehen

Perspektiven, die kleinere Fotostudios, wenn überhaupt nur bedingt besitzen. Das Management von Ringfoto, Europas größtem Fotoverbund, habe darum nicht untätig abgewartet, betont Geschäftsführer Röhrig. Damit die Fotobranche nicht komplett aus dem Markt gedrängt wird, hat man ein eigenes System für eine fälschungssichere Passfoto-Cloudlösung entwickeln lassen. “Das ist alles zertifiziert im Rahmen der technischen Richtlinien des Gesetzgebers.” 

Die Kosten dafür bewegen sich im einstelligen Millionenbereich. Für die Nutzung zahlen die angeschlossenen Fotostudios und Fotografen einmalig eine niedrige dreistellige Summe. “Stand heute rechnen wir mit über 3.000 Partnern, die im Bundesgebiet unsere digitale Passbildlösung anbieten werden.

Fotostudios | Fotoautomat in Berlin
Schon lange haben Fotostudios Konkurrenz durch Automaten, die Passfotos erstellen. Die neue Konkurrenz durch Fotoautomaten der Bundesdruckerei tut mehr weh, weil sie direkt vor Ort in den Pass- und Ausweisbehörden stehenBild: Schoening/picture alliance

Gleichwohl merkt Thilo Röhrig an, dass damit aber auch ein erheblich höherer Arbeitsaufwand verbunden sei, “weil sich ein Fotohändler immer entsprechend in der Cloud anmelden muss. Und sich auch identifizieren muss als zertifizierter Partner, um dann die Bilder hochzuladen.”

Zumindest können die angeschlossenen Fotostudios, zu denen auch Picture People gehört, die etablierte Dienstleistung Passfoto weiter anbieten. Doch Christian Hamer befürchtet wie andere Fotostudio-Betreiber, dass die meisten Menschen ab Mai nächsten Jahres den bequemeren Weg ins Amt wählen und nicht vorher zusätzlich ein Fotostudio aufsuchen werden. Einfach um Zeit zu sparen.

Ausblick der Branche ist düster

Stärken will Hamer den Betrieb durch den Ausbau der Unternehmensfotografie. Von Portraits von Vorständen bis hin zur Dokumentation von Arbeitsabläufen zur Aufwertung des Images in der öffentlichen Wahrnehmung sowie der Steigerung der Bekanntheit von Unternehmen.

Christian Hamer | Picture People
Christian Hamer, Chef der Fotostudiokette Picture People will den Bereich Fotografie für Unternehmen stärker ausbauenBild: Picture People

Sorgen macht sich Hamer aber darüber, “in welcher Größe wir weitermachen.” Um Kosten abzubauen, führt der Picture-People-Chef schon jetzt Gespräche mit Vermietern an den Standorten der Fotostudios in Deutschland. “Ja, wir haben Mietverträge gekündigt und sind aktuell in Verhandlungen mit den Vermietern, die die Thematik natürlich kennen.” Letztlich blickt Hamer pessimistisch in die Zukunft. “Der Branche steht sehr viel Abbau von Personal und auch einige Insolvenzen bevor”, glaubt er.

Moskaus Mann in Abchasien tritt nach Protesten zurück – DW – 19.11.2024

Nach der Stürmung des Regionalparlaments in Abchasien ist der Präsident der abtrünnigen georgischen Region zurückgetreten. “Um die Stabilität und die verfassungsmäßige Ordnung im Land aufrechtzuerhalten (…) trete ich vom Amt des Präsidenten der Republik Abchasien zurück”, erklärte Aslan Bschania in einem im Onlinedienst Telegram veröffentlichten Schreiben.

Rückzug nach Vereinbarung mit Demonstranten

Der Rücktritt Bschanias hängt mit einer Vereinbarung mit Demonstranten zusammen, die am Freitag das Parlament und das Präsidialamt der von Moskau unterstützten Region besetzt hatten. Sie sollen jetzt die Regierungsgebäude in der Regionalhauptstadt Suchumi räumen. Nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Ria Nowosti begannen die Demonstranten bereits, einen Platz vor dem Präsidialamt zu verlassen. Die verb

EU-Außenminister warnen Russlands Unterstützer – DW – 18.11.2024

In seiner wahrscheinlich letzten Pressekonferenz nach einem Außenministertreffen zeigte sich der scheidende Außenbeauftragte Josep Borrell besorgt über die wachsende Rolle Chinas im Ukraine-Krieg. Diese habe insbesondere im Hinblick auf die Lieferung sogenannter Dual-Use-Güter – also solcher, die sowohl für Friedens- als auch für Kriegszwecke einsetzbar sind – zugenommen.

“Ohne Nordkorea, ohne Iran, ohne China könnte Russland seine militärischen Anstrengungen nicht aufrechterhalten,” führte Borrell aus. Außerdem sei er beunruhigt über Berichte, denen zufolge diese drei Länder komplette Waffensysteme nach Russland lieferten. 

Außenminister drohen China Konsequenzen an

Bereits im Vorfeld des Treffens wurde bekannt, dass der EU Geheimdienstberichte über eine entsprechende Rüstungsfabrik in China vorliegen. Diese solle Russland mit Drohnen für den Krieg gegen die Ukraine versorgen, sagte ein hochrangiger EU-Beamter. Allerdings gebe es dazu bislang keine eindeutigen Beweise, betonte der Beamte. In Brüssel gilt es als unwahrscheinlich, dass eine derartige Firma ohne Wissen der chinesischen Führung handeln könnte. 

Die chinesische Regierung weist jegliche Vorwürfe zurück. In seiner Pressekonferenz wollte sich Josep Borrell nicht konkreter zum Inhalt der Berichte äußern. Dennoch denken die EU-Außenminister nun darüber nach, schärfere Schritte gegenüber China einzuleiten. Die “chinesische Drohnenhilfe” müsse und werde Konsequenzen haben, sagte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock am Morgen. Ihre finnische Amtskollegin Elina Valtonen stellte klar, dass es kein “Business as usual” beim Handel mit China mehr geben könne, wenn sich herausstellen sollte, dass das Land die Sicherheit Europas beeinträchtige.

Beim Thema Iran sind die Außenminister schon einen Schritt weiter: Gegen Teheran weiteten sie die bereits wegen der militärischen Unterstützung Russlands bestehenden EU-Sanktionen aus. Diese sehen unter anderem ein Ausfuhrverbot jeglicher Produkte vor, die zur Herstellung von Drohnen und Raketen genutzt werden könnten. Außerdem zielen die neuen Sanktionen vermehrt auf die Transportwege: Betroffen sind unter anderem zwei Häfen im Kaspischen Meer sowie russische und iranische Schifffahrtgesellschaften, welche für den Transport genutzt werden.

Belgien | EU Außenministertreffen in Brüssel
Deutschlands Außenministerin Baerbock unterstützt die mutmaßliche US-Erlaubnis für die Ukraine, Raketen auch gegen militärische Ziele in Russland einzusetzenBild: Omar Havana/AP Photo/picture alliance

Außenminister begrüßen US-Raketen-Entscheidung

Bereits am Morgen vor dem Außenminister-Treffen rief Josep Borrell die EU-Staaten zur Einigkeit und zu einer schnelleren Entscheidungsfindung auf. Eine Entscheidung, auf die die Ukraine lange warten musste, fiel offenbar an diesem Wochenende in Washington: US-Medienberichten zufolge haben die USA der Ukraine erlaubt, Raketen mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometern auf russischem Gebiet, vor allen in der westrussischen Region Kursk, zu verwenden. Ein US-Regierungssprecher habe dies weder bestätigt noch dementiert, berichtet die dpa.

Von den meisten EU-Außenministerinnen und Außenministern wurde dieser Schritt begrüßt. Auch Annalena Baerbock hält die Entscheidung für “wichtig”, sieht darin jedoch “kein Umdenken, sondern eine Intensivierung” bereits bestehender Bemühungen, der Ukraine militärisch zu helfen. Das ukrainische “Selbstverteidigungsrecht bedeutet eben, dass man nicht abwarten muss, bis eine Rakete in ein Kinderkrankenhaus oder in eine Schule oder auch in einen ganz normalen Wohnblock einschlägt”, betonte die Außenministerin. 

Unterstützung erhielt Baerbock unter anderem von ihrem niederländischen Amtskollegen Caspar Veldkamp – während der scheidende litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis die Entscheidung zwar im Prinzip für gut befindet, gleichzeitig aber die Frage aufwirft, ob die Ukraine dafür überhaupt genug Raketen besitze und wie weitreichend die Aufhebung der Beschränkungen seien.

Wie wirkt sich die US-Entscheidung auf die EU aus?

Neben den USA haben auch das Vereinigte Königreich und Frankreich Langstreckenraketen an die Ukraine geliefert. Bislang hat keines der beiden Länder der Ukraine offiziell erlaubt, damit auch militärische Ziele auf russischem Staatsgebiet anzugreifen. Dies könnte sich durch die US-amerikanische Entscheidung ändern. Frankreichs Außenminister Jean-Noel Barrot bekräftigte erneut, dass auch sein Land eine solche Erlaubnis in Erwägung ziehe. Dies habe Präsident Emmanuel Macron bereits im Mai deutlich gemacht, betonte Barrot am Montagmorgen.

Kritik kam von ungarischer Seite. Außenminister Peter Szijjarto nannte die Entscheidung “extrem gefährlich”. Ungarn gilt als engster Verbündeter Russlands innerhalb der EU und blockiert regelmäßig Ukraine-Hilfen. Vom italienischen Außenminister Antonio Tajani hieß es, dass von Italien gelieferte Waffen weiterhin nur auf ukrainischem Boden genutzt werden dürften, berichtet die AFP.

Belgien | EU Außenministertreffen in Brüssel | Gabrielius Landsbergis
Litauens Außenminister Landsbergis kritisierte das Telefonat zwischen Bundeskanzler Scholz und Russlands Präsident PutinBild: Alexandros Michailidis/European Union

Kritik an Bundeskanzler Scholz 

Thema bei dem Treffen war auch das Telefonat von Bundeskanzler Scholz mit Russlands Präsident Wladimir Putin vor einigen Tagen. Mit Blick auf die massiven russischen Angriffe auf die ukrainische Energie-Infrastruktur an diesem Wochenende kritisierte Estlands Außenminister Margus Tsahkna, dass die Position der EU nicht durch Telefonanrufe gestärkt werde. Auch Litauens Außenminister Landsbergis kritisierte, dass der Anruf von Olaf Scholz aus einer “Position der Schwäche” stattfand, welche Russland ausnutze. Er kritisierte auch die weiter bestehende Weigerung des Bundeskanzlers, Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine zu liefern. Dieser bleibt trotz der jüngsten Entwicklungen bei seinem kategorischen Nein. 

Keine Einigkeit erzielten die EU-Außenminister in Bezug auf Josep Borrells Vorschlag, den politischen Dialog im Rahmen das EU-Israel-Assoziationsabkommen auszusetzen. Mehrere Länder, darunter auch Deutschland, lehnten den​ Vorstoß ab. ​​​​​​Weil er einstimmig beschlossen werden müsste, kann der Vorschlag Borrells deswegen bis auf Weiteres nicht umgesetzt werden.