Die französische Nationalversammlung hat in zweiter Lesung für die Einführung eines neuen Corona-Impfpasses gestimmt. Er soll den bisher geltenden Gesundheitspass ersetzen und entspricht der deutschen 2G-Regel.
Künftig ist auch in Frankreich der Nachweis einer Corona-Impfung oder einer Genesung per QR-Code notwendig, um Einkaufszentren, Cafés, Restaurants oder kulturelle Veranstaltungen besuchen zu können. Ein negativer Test reicht dann nicht mehr aus.
Die französischen Abgeordneten waren am Freitagnachmittag zusammengekommen, um in zweiter Lesung über den umstrittenen Gesetzentwurf und fast 450 Änderungsanträge zu beraten. Nach hitzigen Debatten wurde der Text am frühen Samstagmorgen schließlich mit 185 Ja-Stimmen angenommen. Es gab 69 Nein-Stimmen und acht Enthaltungen.
Eigentlich sollte das Gesetz schon an diesem Samstag in Kraft treten. Nationalversammlung und Senat konnten sich aber trotz tagelanger Beratungen in einem Vermittlungsausschuss nicht auf einen Kompromiss einigen. Die endgültige Abstimmung der Nationalversammlung ist nun für Sonntagnachmittag geplant.
Verschärfte Impfregeln
Seit diesem Samstag sind in Frankreich außerdem neue Regeln für den Impfnachweis im Gesundheitspass in Kraft getreten. Erwachsene, deren zweite Impfung schon sieben Monate zurückliegt und die noch keine Auffrischungsimpfung bekommen haben, gelten nun offiziell nicht mehr als geimpft. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums sind rund 560.000 Menschen von der Maßnahme betroffen. Die verschärften Regeln gelten für Menschen über 65 Jahre bereits seit Mitte Dezember. Der Gesundheitspass entspricht der 3G-Regel und muss in Frankreich vorgezeigt werden, um etwa in Bars oder Theater zu kommen.
Frankreich kämpft derzeit wie viele europäische Länder mit einer neuen Corona-Welle, die hauptsächlich von der hochansteckenden Omikron-Variante des Virus verursacht wird. Omikron macht mittlerweile 90 Prozent der sequenzierten Fälle aus. Zuletzt meldeten die Behörden gut 329.000 Infektionen innerhalb eines Tages. Die Zahl der registrierten Ansteckungen auf 100.000 Menschen innerhalb einer Woche lag landesweit zuletzt bei etwa 2829. In fünf Départements im Pariser Raum und in den französischen Alpen stieg die Inzidenz auf mehr als 4000.
Allerdings rechnet Frankreich in der Omikron-Welle mit weniger Intensivpatienten als während der ersten Corona-Welle vor zwei Jahren. “Wir gehen von Szenarien aus, die die Krankenhäuser stark belasten werden, aber nicht schlimmer werden, als was wir bereits erlebt haben”, sagte Simon Cauchemez vom Institut Pasteur der Nachrichtenagentur AFP. Der Höhepunkt bei den Krankenhauseinweisungen werde mit täglich 2500 bis 5000 COVID-19-Patienten für Ende des Monats erwartet. Derzeit sind in Frankreich etwa 4000 COVID-19-Patienten auf der Intensivstation. Die Höchstzahl lag im April 2020 bei etwa 7000 Intensivpatienten.
Niederlande lockern Restriktionen
In den Niederlanden hat Regierungschef Mark Rutte unterdessen eine Lockerung der strikten Corona-Maßnahmen angekündigt. Geschäfte, Fitnessstudios, Friseure, Sexshops sowie Hochschulen dürfen ab sofort wieder öffnen. Bars, Restaurants, Cafés und kulturelle Einrichtungen bleiben demnach weiterhin geschlossen – mindestens bis zum 25. Januar. Gastwirte und der Kultursektor sind empört.
Der Ministerpräsident bezeichnete die Lockerungen als einen “großartigen Moment” für die Niederländer, die Weihnachten und Silvester zu Hause verbringen mussten, nachdem die strikten Regeln am 19. Dezember in Kraft getreten waren. Gesundheitsminister Ernst Kuipers begründete den Schritt mit dem jüngsten Rückgang bei der Zahl der Krankenhauseinweisungen. Es sei jedoch noch zu früh, Bars und andere gastronomische Einrichtungen wieder zu öffnen, betonte Rutte. Angesichts dramatisch steigender Infektionszahlen könnten nicht mehr Sektoren zugleich geöffnet werden, sagte Rutte. “Alles zugleich geht nicht, das Risiko ist zu groß.”
Gastwirte protestieren
Der Widerstand gegen die harten Maßnahmen hatte zuletzt stark zugenommen. Gastwirte kündigten bereits Proteste für diesen Samstag an und wollen trotz des Verbots ihre Cafés und Restaurants öffnen. Sie werden vielfach von Bürgermeistern unterstützt. In der südlichen Stadt Valkenburg bei Aachen waren am Freitag bereits zahlreiche Geschäfte und Gaststätten geöffnet.
Der Lockdown ab dem 19. Dezember sollte den Krankenhäusern Luft verschaffen. Trotz täglicher Höchstwerte bei Neuinfektionen sinkt die Anzahl der Patienten in den Krankenhäusern. Am Freitag wurden mehr als 35.000 Neuinfektionen registriert – so viel wie nie zuvor. Das sind mehr als 1300 Fälle pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen.
kle/se (dpa, afp)