Robuster Arbeitsmarkt mit Nachwuchsproblemen | DW | 03.01.2022

Der deutschen Wirtschaft mangelt es an Fachkräften und Nachwuchs, immer noch bleiben jährlich Tausende Ausbildungsplätze unbesetzt. Doch die Auswirkung der Corona-Krise auf die Beschäftigung hält sich in Grenzen.

Nach dem Rückgang im Corona-Krisenjahr 2020 ist die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland 2021 wieder leicht gestiegen. Sie wuchs um 7000 auf 44,9 Millionen im Schnitt des vergangenen Jahres, wie das Statistische Bundesamt am Montag nach vorläufigen Zahlen mitteilte.

Im ersten Corona-Krisenjahr 2020 hatte die Pandemie den zuvor über 14 Jahre langen Anstieg der Erwerbstätigkeitbeendet. “Der seit 2006 andauernde Beschäftigungszuwachs wäre vermutlich auch ohne die Corona-Krise bald zum Ende gekommen, da das Erwerbspersonenpotenzial aufgrund des demografischen Wandels schwindet”, erklärten die Wiesbadener Statistiker.

Dem Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) zufolge dürfte die Zahl der Erwerbstätigen in diesem und im kommenden Jahr mit der erwarteten Konjunkturerholung spürbar steigen. 2023 soll sie bei rund 45,5 Millionen liegen.

“Damit wird aber auch der Zenit erreicht”, sagte IfW-Vizepräsident Stefan Kooths zu Reuters. “Denn danach scheiden mehr Personen aus dem Erwerbs

Vor 130 Jahren: Mittelerde-Schöpfer J.R.R. Tolkien wurde geboren | DW | 03.01.2022

Ob “Der Hobbit” oder “Der Herr der Ringe” – mit dem britischen Autor J.R.R. Tolkien fing das Zeitalter der anspruchsvollen Fantasy-Literatur an. Auf die Welt kam er vor genau 130 Jahren.

Es ist der 3. Januar 1892, als Mabel Tolkien im südafrikanischen Bloemfontein ihren ersten Sohn zur Welt bringt: John Ronald Reuel. Dieser soll später einmal ein weltweit erfolgreiches literarisches Universum erschaffen und damit zu einem der berühmtesten Schriftsteller aller Zeiten werden. 

Tolkiens Mutter jedoch erlebte den Erfolg ihres Sohnes nicht – sie starb, als er zwölf Jahre alt war. Doch sie war es, die den Grundstein für seinen späteren Werdegang legte. Sie las ihm Märchen und Sagen vor und lehrte ihn Latein, Französisch und Deutsch. Der junge John sog die Erzählungen seiner Mutter auf und begeisterte sich schon im Kindesalter für Sprachen. Später sollte er sogar eigene erfinden. 

Aufgewachsen im Auenland 

John und sein jüngerer Bruder Hilary wuchsen in einem Vorort der englischen Stadt Birmingham auf. Sarehole Hill war grün, unberührt und idyllisch – wie die Landschaft, in der Tolkien später seine Hobbits ansiedelte.

Als Mabel verstarb, kamen ihre beiden Söhne in die Obhut von Pater Francis Morgans, der von nun an der Vormund der zwei Kinder war. John fiel als ausgesprochen guter Schüler auf. Fasziniert von Sprachen und altenglischen Mythen, gründete er mit einigen Freunden den “Tea Club Barrovian Society”, in dem sie über Literatur und Poesie diskutierten. In dieser Zeit fing Tolkien auch an, selbst zu schreiben – vorerst Gedichte. Doch es dauerte nicht lange und er erfand die ersten Sprachen – etwas, das er auch für seine späteren Romane machen würde. 

Als junger Ehemann im Schützengraben

Tolkien studierte am Exeter College in Oxford zunächst die klassischen Sprachen Latein und Griechisch, ehe er sich begeistert dem Walisischen zuwandte. Zu jener Zeit hatte der Erste Weltkrieg seinen Höhepunkt erreicht und Tolkiens Zeit an der Universität sollte nicht lange währen. Als 24-Jähriger wurde er an die Front nach Nordfrankreich gerufen – da war die Ehe mit seiner Frau Edith erst vier Monate jung. “Meine Frau zu verlassen, war wie der Tod für mich”, schrieb er später.

Während viele seiner engsten Freunde dem grausamen Stellungskrieg in der Schlacht an der Somme zum Opfer fielen, überlebte Tolkien. Er kehrte zurück nach Oxford und suchte von nun an die Ruhe des einfachen

Sudans Regierungschef Hamdok geht | DW | 02.01.2022

Im Sudan hat Regierungschef Abdullah Hamdok seinen Rücktritt erklärt. “Ich habe mein Bestes versucht, das Land davon abzuhalten, in die Katastrophe abzugleiten”, sagte Hamdok.

In einer im Staatsfernsehen übertragenen Ansprache an die Nation betonte Hamdok, der Sudan leide an einer politischen Spaltung. Es sei ein “gefährlicher Wendepunkt überschritten, der sein Über

EU-Flagge am Arc de Triomphe sorgt für Aufruhr | DW | 02.01.2022

Eine Europaflagge, die kurzzeitig am Triumphbogen in Paris flatterte, hat eine heftige Kontroverse ausgelöst. Frankreichs Rechte tobt und wittert einen “Anschlag auf die Identität des Vaterlandes”.

Die Flagge mit den zwölf goldenen Sternen auf blauem Hintergrund steht als Symbol für die Einheit und Identität Europas. Frankreichs rechte Parteien sehen hingegen die Einheit der französischen Nation dadurch bedroht, dass die EU-Fahne an einem der wichtigen Monumente des Landes wehte.

Die extrem rechte Präsidentschaftskandidatin des Rassemblement National (RN), Marine Le Pen, sprach von einem “Anschlag auf die Identität unseres Vaterlandes” und kündigte eine Beschwerde vor dem Staatsrat an. Die französische Flagge durch die europäische zu ersetzen, sei eine Beleidigung derjenigen, die für das Vaterland gestorben sind, hatte sie auf Twitter gewettert. Auch der Rechtsaußen-Präsidentschaftskandidat Éric Zemmour kritisierte die EU-Fahne unter dem Arc de Triomphe als “Beleidigung”.

Die Kandidatin der konservativen Republikaner, Valérie Pécresse, forderte, wenn schon, dann müsse die Trikolore neben der Europaflagge hängen. “Das schulden wir all unseren Kämpfern, die für sie ihr Blut vergossen haben.”

Frankreich Paris | Arc de Triomphe in EU-Faben | Beginn französische Ratspräsidentschaft

Unter dem Bogen befindet sich das symbolträchtige Grabmal des unbekannten Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg

Die Regierung von Staatspräsident Emmanuel Macron wies die Kritik zurück. Die Flagge sei am 31. Dezember und 1. Januar gehisst worden, um einen symbolischen Startschuss für den Beginn der französischen EU-Ratspräsidentschaft zu geben, erklärte der Elysée-Palast. Zudem sei die Flagge in der Nacht zum Sonntag “wie geplant” wieder eingeholt worden.

Le Pen hatte zuvor das Einholen der Fahne als “schönen patriotischen Sieg” bezeichnet und erklärt, die Regierung sei “gezwungen gewesen, die Fahne der Europäischen Union vom Triumphbogen zu entfernen”. Sie dankte auf Twitter für die “massive Mobilisierung aller Liebhaber Frankreichs und der Republik, um Emmanuel Macron zurückzudrängen”.

“Kein Rückzieher”

Europa-Staatssekretär Clément Beaune betonte es habe keinen “Rückzieher” gegeben. In der Sendung “Questions Politiques” von France Inter, France TV und Le Monde erklärte Beaune, die Regierung habe “keine Lektion in Patriotismus” von Le Pen, Zemmour oder Pécresse nötig. Zudem sei die EU-Flagge “dort gehisst worden, wo nichts ist”, wo sonst keine Flagge wehe.

Silvester - Frankreich - EU-Ratspräsidentschaft Eiffelturm Paris

Ganz in blau – der Eifelturm

Der Eiffelturm und der Elysée-Palast und Dutzende weitere Baudenkmäler im Land werden anlässlich der französischen EU-Ratspräsidentschaft sieben Tage lang EU-blau angestrahlt. Die französische Präsidentschaft, die am 1. Januar begonnen hat und sechs Monate dauert, fällt dieses Mal mit dem französischen Präsidentschaftswahlkampf zusammen. Macron hat seine Kandidatur für eine Wiederwahl als Präsident noch nicht erklärt. In Frankreich gilt das aber nur als eine Frage der Zeit.

qu/uh (afp, dpa)

Büros bekannter Bundestagsabgeordneter angegriffen | DW | 02.01.2022

In der Silvesternacht ging so Manches zu Bruch – auch die Scheiben zweier Wahlkreisbüros. Die Attacken lösten eine Welle der Solidarität aus. Im Fokus der Ermittlungen stehen Corona-Leugner und rechte Gruppierungen.

Betroffen sind die Wahlkreisbüros von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und des sächsischen Bundestagsabgeordneten Marco Wanderwitz. Der CDU-Politiker war bis zum jüngsten Regierungswechsel Ostbeauftragter der Bundesregierung. An den beiden Büros in Köln und Zwönitz gingen Scheiben zu Bruch, Menschen wurden nicht verletzt.

Politiker mehrerer Parteien solidarisierten sich nach der mutmaßlichen Pyrotechnik-Attacke im sächsischen Zwönitz mit dem Betroffenen. Wanderwitz’ Amtsnachfolger Carsten Schneider (SPD) schrieb auf Twitter, der Anschlag sei “ein weiterer Beleg für die Radikalisierung und Enthemmung von Teilen der Bevölkerung”. Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner twitterte: “Volle Solidarität mit dem Kollegen Marco Wanderwitz. Gewalt hat in der demokratischen Auseinandersetzung keinen Platz.”

Köln Scheibe an Lauterbachs Büro in Silvesternacht eingeschlagen

… die Bilder gleichen sich, geborstene Scheibe am Büro von Bundesgesundheitsminister Lauterbach

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak betonte: “Es gibt keine Rechtfertigung dafür. Dieser Anschlag ist keine Form von Protest, sondern einfach nur kriminell.” Der Linkspartei-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Dietmar Bartsch, betonte: “Das ist und bleibt irre und gehört konsequent verfolgt.”

Wanderwitz und Lauterbach melden sich zu Wort

Wanderwitz warnte in den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) vor einer Eskalation der Gewalt im Zusammenhang mit den Protesten gegen Corona-Maßnahmen in Sachsen. Die rechtsextremen “Freien Sachsen”, aber auch NPD und AfD, vergifteten seit Monaten die Gesellschaft im Freistaat. Dies geschehe “mittlerweile hemmungslos, weil man sich breit unterstützt wägt”. Gewalt und Drohungen seien an der Tagesordnung.

Politiker Marco Wanderwitz CDU

Wanderwitz warnt vor einer Eskalation der Gewalt im Zusammenhang mit den Protesten gegen Corona-Regeln

Bundesgesundheitsminister Lauterbach sagte der Deutschen Presse-Agentur, wegen vorangegangener Sachbeschädigungen mit Parolen und entsprechender Drohmails gehe er davon aus, dass die erneute Attacke auf sein Büro aus den Reihen radikalisierter Impfgegner und Corona-Leugner heraus verübt wurde. “Diese Menschen repräsentieren nicht die Gesellschaft, wo ja wirklich der überwältigende Teil zusammenhält und versucht, alles gegen die Pandemie zu tun», sagte der Minister. “Sie repräsentieren eine ganz kleine Splittergruppe, die selbstgerecht glaubt, hier einen anderen Weg gehen zu müssen und die sich dabei verrannt hat. Das ist einfach nur traurig.”

Geundheitsminister Karl Lauterbach SPD

Karl Lauterbach ist schon länger eine Hassfigur für die Corona-Leugner

Am 10. Dezember war das Büro erstmals mit Parolen wie “Krankheitsminister”, “Mörder” und “Psycho Lauterbach” beschmiert worden. Der Mediziner wird schon seit längerem von Gegnern der Corona-Eindämmungsmaßnahmen bedroht. Anfang Dezember löste die Polizei eine Demonstration von Impfgegnern vor Lauterbachs Wohnhaus auf.

Der Staatsschutz in Köln hat die Ermittlungen aufgenommen. Hinweise auf die Täter gebe es aber noch nicht, sagte ein Sprecher der Polizei. In Sachsen sucht die Polizei Tatzeugen.

qu/uh (dpa, epd, afp)

Vincent Keymer hat die Schach-Weltspitze im Blick: “Klar, Ich bin jetzt näher dran“ | DW | 02.01.2022

Vincent Keymer ist mit 17 Jahren der beste Schachspieler in Deutschland. Er gilt weltweit als eines der größten Talente. Im DW-Interview spricht er über seine Leistungssteigerung und seine Chancen, WM-Kandidat zu werden.

DW: Sie sind Vize-Europameister und im Frühjahr 2022 haben Sie sogar die Chance, sich für das Kandidatenturnier zu qualifizieren, bei dem der nächste Gegner für Weltmeister Magnus Carlsen ermittelt wird. Sehen Sie sich schon als ein Weltklasse-Spieler?

Vincent Keymer: Ich würde jetzt nicht sagen, dass ich schon Weltspitze bin. Das kann man wirklich noch nicht sagen. Es gibt viele starke Spieler, die es alle noch nicht geschafft haben, in die Weltspitze vorzudringen. Dann weiß man, dass das noch extrem viel Arbeit ist und noch dauern wird – normalerweise zumindest. Klar, ich bin jetzt näher dran. Aber trotzdem muss man ja feststellen, dass es nur wenige Spieler überhaupt irgendwann einmal schaffen, in ein Kandidatenturnier für die Weltmeisterschaft zu kommen.

Vor zwei Jahren, mit 14 Jahren, haben Sie zum ersten Mal  gegen Weltmeister Magnus Carlsen gespielt – und haben knapp verloren. Wie war es, gegen Carlsen anzutreten?

Ich war ganz schön nervös. Gegen den Weltmeister zu spielen, mitten in einer riesigen Halle, das ist natürlich etwas Besonderes. Ich habe die ersten Züge auch ein bisschen zu langsam gespielt, unter anderem, weil ich so aufgeregt war. Dann habe ich mich irgendwie mehr auf die Partie fokussiert und das andere ausgeblendet. Carlsen wollte die Partie gegen mich natürlich gewinnen. Dafür musste er auch ein Risiko eingehen und hoffen, dass ich genug Fehler mache. Nach der Partie haben wir dann noch kurz gesprochen. Er hat mir gesagt, dass ich gegen Ende sogar noch eine Möglichkeit verpasst hatte, Remis zu spielen.  

Ab März 2020 war auch der Schachsport fast komplett im Lockdown. Wie haben Sie die Zeit erlebt?

Ich habe sehr gerne und viel online gespielt. Dennoch finde ich, dass das Spiel mit langer Bedenkzeit das ist, was Schach ausmacht. Deshalb habe ich mich auch gefreut, als jetzt die Live-Turniere wieder angefangen haben. Denn ich hatte ja eine extrem lange Trainingszeit, in der ich nicht richtig am Brett gespielt habe. Ich wusste natürlich nicht, wie sich das auswirkt. Nachdem die Turniere in den letzten Monaten so gut gelaufen sind, weiß ich besser, wo ich stehe.

Schachspieler Vincent Keymer

Vincent Keymer: Zum ersten Mal in der Schach-Nationalmannschaft bei der Team-EM 2021

In der zweiten Hälfte des Jahres 2021 haben Sie ein gutes Turnier nach dem anderen gespielt. Sie sind Vize-Europameister geworden und haben nach dem fünften Platz beim “Grand Swiss” in Riga sogar noch die Chance, in den Kreis der WM-Kandidaten zu kommen.

Wie kam es zu dieser Leistungssteigerung?

Das kann ich gar nicht sagen. Es hat mir auf jeden Fall gut getan, die vielen Turniere am Stück zu spielen. Ich war ziemlich tief in der Materie drin und konnte mich intensiv damit beschäftigen. Solange man sich noch in der Entwicklung befindet wie ich, ist das ein allgemeines Nach-vorne-gehen in verschiedenen Bereichen. Ich muss noch viel lernen und Erfahrungen sammeln in verschiedenen Stellungstypen. Das passiert aber alles gleichzeitig.

Profi-Schachspieler stecken viel Zeit in die Vorbereitung der Eröffnungszüge. Wie wichtig ist das für Sie?

Für mich ist es gegen starke Gegner wichtig, dass ich eine gute Vorbereitung und eine schöne, stabile Stellung habe und nicht direkt ins Hintertreffen gerate. Denn wenn man starken Spielern die Chance gibt, dann werden die noch viel stärker. Dann haben die viel mehr Möglichkeiten, ihr Potenzial auszuspielen.

Im Schach gibt es gerade bei starken Spielern oft eine Punkteteilung. Auch die Weltmeisterschaft 2021 zwischen Magnus Carlsen und JanNepomniachtchi startete mit fünf Remis-Partien in Folge. Ist das langweilig?

Nein. Was man von außen immer leicht unterschätzt, ist, wie unheimlich viel Arbeit in diesen WM-Partien steckt. Hinter jedem Spieler steht ein großes Team, das dazu beiträgt, dass man überhaupt so gut spielt. Manche Partien ,verflachen’ dann relativ schnell, weil beide Spieler eine so gute Vorbereitung haben und am Anfang so perfekte Züge machen.

In der Schach-Szene ist immer wieder davon die Rede, dass das Schach reformiert werden müsse – und bei einer WM auch Schnellschach gespielt werden solle. Wie sehen Sie das?

Es kann sein, dass der pure Entertainment-Faktor höher wäre. Aber es sinkt die Qualität der Partien und es verändert sich auch die Aussagekraft des Matches. So haben im klassischen Schach beide Spieler die Möglichkeit, sich sehr zu vertiefen und sehr gut zu spielen. Es ist nicht so, dass man – wie in einer Schnellpartie – etwas übersieht und dann ist es direkt verloren. Ich fände es interessant, eine schnelle WM zu spielen, aber es ist dann fast schon ein anderes Spiel – es ist nicht mehr die gleiche Weltmeisterschaft.

Vincent Keymer (Jahrgang 2004) ist der bisher jüngste deutsche Schach-Großmeister und seit November 2021 die Nummer eins in der deutschen Rangliste. 2021 wurde er Vize-Europameister. Der angehende Abiturient lebt in Saulheim bei Mainz.

Abenteuer Schachprofi: Vincent Keymer auf dem Weg an die Spitze | DW | 02.01.2022

Er ist erst 17 Jahre alt – aber schon Vize-Europameister und inzwischen Deutschlands bester Schachspieler: Vincent Keymer. Auf den deutschen Nachwuchs-Star warten im Jahr 2022 große Aufgaben.

Mehr Schule und weniger Schach – das hatte sich Vincent Keymer eigentlich für den Jahreswechsel vorgenommen. “Seit Juni habe ich viele Turniere gespielt: Deswegen bin ich nicht so oft in der Schule gewesen und habe viel verpasst”, erzählt der 17-jährige. Doch aus dem Plan, sich ausschließlich auf das Abitur zu konzentrieren, wird nun nichts. Denn der Schüler hat sich vor einigen Wochen einen Platz in der Grand-Prix-Serie des Weltschachbundes erkämpft, einem Qualifikationsturnier für die nächste Schach-WM. Schon im Februar geht es los. Die schriftlichen Abitur-Prüfungen seien zum Glück schon im Januar durch, so Keymer im Gespräch mit der DW. “Ich werde mich so gut es geht trotz der Schule auf die Turniere vorbereiten.” 

Fast immer der Jüngste

DW Interview mit dem deutschen Schachtalent Vincent Keymer

Schach macht Spaß: Vincent Keymer

Vincent Keymer (Leistungskurse Mathematik, Englisch, Deutsch) ist der erste Deutsche seit fast 50 Jahren, der in die Nähe eines Weltmeisterkampfes kommen könnte. Dass dies schon im nächsten Jahr klappt, ist eher nicht zu erwarten. Denn in der Grand-Prix-Serie, die in Berlin und Belgrad ausgetragen wird, muss er gegen 23 Weltklasse-Spieler antreten. Nur zwei von Ihnen werden sich am Ende für das Kandidatenturnier qualifizieren, bei dem der nächste Herausforderer von Weltmeister Abonnement-Titelträger Magnus Carlsen ermittelt wird.

Keymer ist im Grand-Prix mit Abstand der Jüngste. “Ich bin noch nicht in der Weltspitze”, sagt er. So schätzt der selbstbewusst als auch besonnen wirkende Schüler seine aktuelle Position realistisch ein. “Man muss ja feststellen, dass es nur wenige Spieler überhaupt irgendwann einmal schaffen, in ein Kandidatenturnier für die Weltmeisterschaft zu kommen.”

Kontrollierte Offensive

Dabei beeindruckt Keymer inzwischen auch gegen Spitzenspieler mit gut ausbalanciertem Offensivschach. Und wenn es am Ende kompliziert wird, behält er meistens die Übersicht. Beim Elite-Turnier “Grand Swiss” in Riga im November lief es besonders gut für Keymer. So gut, dass nicht nur ein sensationeller fünfter Platz und rund 15.000 Dollar Prämie heraussprangen, sondern auch die weitere Teilnahme an der WM-Qualifikation. Dennoch: Der jetzt beste deutsche Schachspieler liegt in der Weltrangliste aktuell auf Platz 74 und damit noch ein Stück unter der absoluten Spitze: “In dieser Altersgruppe gibt es international sehr viele starke Spieler”, ordnet der in Deutschland