Springreiter Ludger Beerbaum soll nach einem TV-Bericht des Senders RTL verbotene Trainingsmethoden angewendet und seine Pferde geschlagen haben. Der Olympiasieger weist das von sich und kündigt juristische Schritte an.
Der viermalige Olympiasieger Ludger Beerbaum hat sich gegen die am Dienstag in einem Beitrag des TV-Magazins “RTL extra” erhobenen Vorwürfe gewehrt, er wende bei seinen Springpferden verbotene Trainingsmethoden an. Der 58-Jährige, der in Riesenbeck, im Norden Nordrheinwestfalens, einen Trainings- und Zuchtstall betreibt, kündigte juristische Schritte gegen die Urheber an. “Der Beitrag von ‘RTL extra’ ist in vielen Punkten nachweislich falsch, verleumderisch und ehrverletzend”, heißt es in einem von Beerbaum veröffentlichten Statement am Mittwoch: “Natürlich werden wir juristische Schritte dagegen einleiten. Es ist nicht hinzunehmen, dass heimlich auf meinem privaten Grund und Boden gefilmt wurde.”
In der Sendung “RTL extra” sollte auf der Basis heimlich gedrehter Videoaufnahmen der Beweis erbracht werden, dass in den “Ludger Beerbaum Stables” das unerlaubte Barren beim Training der Springpferde zur Anwendung kommt. Beim Barren wird den Pferden während des Sprungs mit einer Stange schmerzhaft gegen die angewinkelten Vorderläufe geschlagen. Damit soll erreicht werden, dass die Tiere künftig aus Angst vor weiteren Schmerzen höher springen. Erlaubt ist dagegen das leichte Touchieren der Vorderläufe beim Sprung. Ob der Reiter, der auf den im Filmbeitrag gezeigten Videobildern tatsächlich Ludger Beerbaum ist, lässt sich allerdings nicht mit letzter Sicherheit erkennen. Zu sehen ist jedoch, dass hinter dem Hindernis eine zweite Person steht, die beim Sprung des Pferdes eine lange Latte nach oben in Höhe der Vorderbeine hebt.
Ludger Beerbaum: “Hat mit Barren nichts zu tun”
Die gezeigten Szenen auf dem Reitplatz, “haben mit Barren nichts zu tun”, sagt Beerbaum, der sich momentan in den USA aufhält. “Es handelt sich dabei um erlaubtes Touchieren, das von einem erfahrenen, routinierten Pferdefachmann durchgeführt wurde.” Der im Video zu sehende Gegenstand habe die Vorgaben der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) für ein zulässiges Touchieren erfüllt: “Nicht länger als drei Meter, maximal zwei Kilogramm schwer.” Tatsächlich wird das Touchieren von Springreitern als Trainingsmethode eingesetzt. Allerdings nicht von allen und auch nicht bei jedem Training.
Paul Schockemöhle (l.) versuchte seine Trainingsmethode im Aktuellen Sportstudio zu verteidigen
Das Barren ist von der FN verboten, seit es im Jahr 1990 einen Skandal um den ehemaligen Top-Springreiter Paul Schockmöhle gegeben hatte. Schockmöhle hatte damals seine Pferde mit gezielten, harten Schlägen vor die Schienbeine trainiert.
Gefühl, Sensibilität und Erfahrung beim Touchieren
Zum Touchieren ist in den FN- Richtlinien für Reiten und Fahren folgendes festgelegt: Es handele sich “um ein fachgerechtes Sensibilisieren des Pferdes durch gezieltes Berühren der Pferdebeine im Sprungablauf”. Das Halten der Touchierstange dürfe “nur von sehr erfahrenen, routinierten Pferdefachleuten durchgeführt werden, die über genügend Gefühl, Sensibilität und Erfahrung verfügen”. Was der Begriff “fachgerecht” meint und welche Qualifikation die “routinierten Pferdefachleute” besitzen müssen, ist dagegen nicht explizit festgeschrieben.
Der Bundestrainer der Springreiter, Otto Becker, wollte sich gegenüber der DW nicht zu den Vorwürfen äußern, sondern verwies auf die offiziellen Statements der FN. Der Verband hatte bereits vor Beerbaums Äußerung angekündigt, die Vorwürfe zu prüfen. Auch der Weltverband FEI hat sich eingeschaltet. Man habe eine Untersuchung zu den gezeigten Szenen eingeleitet und bereits mit der FN Kontakt aufgenommen, teilte die FEI am Mittwoch mit: “Das Wohlergehen des Pferdes ist immer entscheidend, und die FEI verurteilt alle Maßnahmen, die im Gegensatz dazu stehen.” Die in dem Beitrag gezeigten Methoden seien “absolut inakzeptabel und widersprechen allen FEI-Regularien”.
Videomaterial aus dem Jahr 2021
Laut des Pferdesport-Fachmagazins “St. Georg” handelt es sich bei den gezeigten Trainingsbildern nicht um neue Aufnahmen. Wie das Magazin in seiner Onlineausgabe berichtet, habe RTL bereits im Mai 2021 Kontakt mit der FN aufgenommen und einen Fernsehbeitrag zum Thema Barren angekündigt. Der Verband habe daraufhin darum gebeten, das Material sichten zu dürfen und die Namen der involvierten Personen zu erfahren. Beides habe der Sender nicht gewährt. Die Deutsche Reiterliche Vereinigung erstattete daraufhin Anzeige gegen Unbekannt, um ihrer “Verantwortung für den Tierschutz im Pferdesport” nachkommen zu können.
FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach
Allerdings verlief die Anzeige im Sande. Zudem verzichtete RTL auf die Ausstrahlung der Bilder. Es könne “nach Rücksprache mit Experten kein eindeutiger Verstoß gegen das Tierwohl respektive ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz unzweifelhaft bewiesen werden”, sagte eine Sprecherin des Senders damals.
“Wir fordern RTL erneut auf, uns das Material vollständig zur Verfügung zu stellen”, sagte FN-Generalsekretär Lauterbach nach den nun erneut erhobenen Vorwürfen, damit man den Sachverhalt seriös beurteilen könne. Unabhängig von dem gezeigten Beitrag könne man aber klar sagen, “dass der Gebrauch von Vierkantstangen sowie genopptem oder gestacheltem Stangenmaterial inakzeptabel ist und nicht im Einklang steht mit den Grundsätzen des fairen Pferdesports”.
Kantige Stangen für den Zaunbau oder für das Training?
Weiter kommt im RTL-Beitrag eine heimlich gedrehte Szene vor, in der eine als Praktikantin getarnte RTL-Mitarbeiterin in einer Scheune kantige Holzstangen findet. Dazu stellte Ludger Beerbaum fest, es handele sich dabei um Holzstangen, “die ausschließlich für den Bau und die Reparatur unserer Weidezäune benutzt werden. Gut im Film sichtbar sind die an den Stangen befestigten Isolatoren für die Zaunbänder. Sobald behauptet wird, dass diese zum Barren von Pferden eingesetzt werden, ist dies unzutreffend”, so der vierfache Olympiasieger.
Das gelte auch für die sich auf einem Dachboden befindlichen Stangen mit den Noppen, die RTL in dem Beitrag gezeigt hatte. “Dazu kann ich nur sagen, dass diese Elemente dort seit Jahren liegen”, sagte Beerbaum: “Diese stammen aus einem gekauften Bestand von Hindernissen und wurden aussortiert, damit sie nicht benutzt werden. Sie werden auch nicht beim Training mit Pferden eingesetzt.”
Wie nun eines dieser Teile, “blank geputzt und sauber”, zwischen die gebräuchlichen Hindernisstangen komme, “kann ich nur mutmaßen. Für mich ist es naheliegend, dass explizit für den Beitrag eine dieser Stangen dorthin gelegt wurde. Hierzu werden wir weitere Nachforschungen anstellen.”
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CHIO Aachen
Wegen seiner langen Tradition, des riesigen Turniergeländes, des anspruchvollen Parcours und des großzügigen Preisgeldes, gilt der deutsche CHIO in Aachen als wichtigstes Reitturnier der Welt – das “Wimbledon des Pferdesports”. Besonderes Highlight neben dem Großen Preis der Springreiter, der die Turnierwoche abschließt, ist der Nationenpreis im Springen, der unter Flutlicht ausgeritten wird.
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Deutsches Springderby
Da soll ich runter? Diese Frage hat sich wohl schon manches Pferd gestellt, das in Hamburg-Klein Flottbek auf dem Großen Wall stand. Der 1230 Meter lange Parcours, der seit 1920 in unveränderter Form geritten wird, gilt als der schwierigste der Welt, weil er neben Kondition und Kraft auch Mut und gegenseitiges Vertrauen von den Paaren verlangt. Viele Top-Reiter treten beim Derby gar nicht an.
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Melbourne Cup
Wenn im November der Melbourne Cup stattfindet, steht ganz Australien Kopf. Die Tribünen am Flemington Racecourse sind randvoll, die Pubs auch. Die Australier wetten, was das Zeug hält. Vier Tage lang gibt es Pferderennen und Rahmenprogramm. Der Melbourne Cup ist mit einem Gesamtpreisgeld von 7,3 Millionen Australische Dollar (4,5 Mio. Euro) das höchstdotierte Langstrecken-Galopprennen der Welt
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Kentucky Derby
Beim Kentucky Derby, auch “Run for Roses” genannt, treten dreijährige Vollblutpferde gegeneinander an, und 150.000 Zuschauer sehen dabei zu. Derby-Tag in Louisville ist immer der erste Samstag im Mai. Eintrittskarten sind oft ein Jahr im Voraus vergriffen. Der Besucher, der etwas auf sich hält, trinkt rund um die Rennen den traditionellen Derby-Cocktail “Mint Julep” mit Bourbon-Whiskey und Minze.
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Englisches Derby
Ob nun Kentucky oder Hamburg – Derby ist der Name für viele namhafte Pferdesport-Veranstaltungen. Das Original-Derby aber wurde 1780 in Epsom ausgetragen. Es heißt Derby, weil der Veranstalter, der Earl of Derby, dem Rennen seinen Namen gab. Bis heute ist es ein Galopprennen für dreijährige Pferde und geht traditionell über 2423 Meter (eine englische Meile, vier Furlongs und ein Yard).
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Royal Ascot
Noch älter als das Derby ist die Rennwoche in Ascot. Sie steht seit ihrer ersten Austragung im Jahr 1768 unter Schirmherrschaft der Königsfamilie. Wichtigstes Rennen ist der Ascot Gold Cup für Rennpferde, die vier Jahre und älter sind. Noch wichtiger als die Rennen ist in Ascot allerdings die Kleiderordnung: Rocklänge, Trägerbreite, alles ist minutiös festgelegt. Und Hüte sind Pflicht.
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Grand National
Beim Grand National in Aintree bei Liverpool geht es deutlich wilder zu als in Epsom oder Ascot. Auf der 6,9 Kilometer langen Hindernisstrecke kommt es oft zu dramatischen Stürzen. Viele Pferde sind hier schon gestorben oder verletzten sich so schwer, dass sie anschließend per Bolzenschuss getötet werden mussten. Tierschützer halten das Rennen daher für unzeitgemäß und wollen es verbieten lassen.
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Prix d’Amerique
Da der Prix d’Amerique, eines der berühmtesten Trabrennen der Welt, immer am letzten Januar-Sonntag in Paris ausgetragen wird, ist das Wetter oft nicht das beste – und die Fahrer werden in ihren Sulkys von oben bis unten eingesaut. Aber es lohnt sich: Das Preisgeld beträgt 900.000 Euro. Doch die Konkurrenz ist stark: Nur Pferde, die bereits mehr als 160.000 Euro gewonnen haben, dürfen teilnehmen.
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Badminton Horse Trials
Die Badminton Horse Trials sind eines der sechs wichtigsten Vielseitigkeitsturniere. Vor der Kulisse des Badminton House, dem Landsitz des Duke of Beaufort in der englischen Grafschaft Gloucestershire, messen sich die Reiter im Springen, der Dressur und im Geländeritt. Mit einer Viertelmillion Zuschauer sind die Trials die bestbesuchte, kostenpflichtige Sportveranstaltung in Großbritannien.
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Offene argentinische Polo-Meisterschaft
Das Campeonato Argentino Abierto de Polo ist das wichtigste internationale Polo-Turnier der Welt. Schon seit 1893 wird es auf dem “Campo Argentino de Polo” in Buenos Aires abgehalten, das bei Einheimischen und Fans den Namen “La Catedral del Polo” (Polo-Kathedrale) trägt. Großer Held der Argentinier ist Adolfo Cambiaso (Foto), der das Turnier mit seinem Team schon 14 Mal gewonnen hat.
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Palio di Siena
In historischen Jockey-Outifits preschen zehn Reiter jedes Jahr am 2. Juli und am 16. August dreimal um die Piazza del Campo mitten in der Altstadt von Siena. Jeder Reiter vertritt einen Stadtteil, als Preis winkt eine bunte Standarte, ein Seidenbanner an einer Hellebarde. Die Rennen, bei denen es oft ruppig zugeht, sind Volksfeste und kulturelle Höhepunkte im Kalender der toskanischen Stadt.
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Calgary Stampede
Planwagenrennen, Rodeoreiten und andere Disziplinen des Western-Reitens – die Calgary Stampede, die alljährlich in der Olympiastadt von 1988 stattfindet, ist die größte Rodeo-Veranstaltung der Welt: Rund 1,5 Millionen Zuschauer kommen an zehn Tagen. Da es bei der Stampede immer wieder zu Unfällen kam, bei denen Reiter und Pferde starben, steht die Veranstaltung bei Tierschützern in der Kritik.
Autorin/Autor: Andreas Sten-Ziemons